Die lähmende Müdigkeit
Definition
Das Chronic Fatigue Syndrom (CFS) wird auch als Myalgische Enzephalomyelitis (ME) bezeichnet. Wie der Name mit der Endung -itis verrät, handelt es sich um ein entzündliches Krankheitsbild, genauer um eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die oft zu einem hohem Grad der körperlichen Behinderung führt.
Sie ist von anderen Formen der Erschöpfung zu unterscheiden. Die Lebensqualität von ME/CFS-Erkrankten ist oft sehr niedrig. Ein Viertel aller Patienten kann das Haus nicht mehr verlassen, viele sind bettlägerig und schätzungsweise über 60 Prozent arbeitsunfähig. In Deutschland sind Schätzungen zufolge bis zu 240.000 – 300.000 Menschen betroffen. Weltweit sind es ca. 17 Millionen.
Beim Chronischen Müdigkeitssyndrom handelt es sich um ein komplexes Krankheitsgeschehen, welches durch ein Ungleichgewicht sehr verschiedener Funktionssysteme charakterisiert ist. Oft ähnelt die Erkrankung einer schweren Grippe, mit dem Gefühl einer lähmenden Erschöpfung und Müdigkeit, die jedoch nicht weggeht.
Symptome
- Schwere Abgeschlagenheit mit Reduktion der üblichen Aktivität um 50 % über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten
- Erhebliche, vormals nicht erlebte Erschöpfung nach einer Anstrengung
- Muskelschwäche
- Muskelschmerzen
- Kopfschmerzen
- Gelenkschmerzen
- Rachenentzündung
- Fieber und / oder Frösteln
- Empfindliche Lymphknoten
- Magen-Darm-Krämpfe
- Schlafstörungen, sowohl Schlaflosigkeit wie auch gesteigertes Schlafbedürfnis
- Neuropsychiatrische Beschwerden: Lichtscheu, Gesichtsfeldausfall, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen, Vergesslichkeit, Reizbarkeit, Depressionen, Verwirrtheitszustände etc.
Ursachen
zitiert nach Antony L. Komaroff, MD, Harvard Medical School
CFS ist keine Form der Depression und viele Patienten mit CFS haben keine diagnostizierbare psychiatrische Erkrankung. Viele CFS-Patienten werden jedoch aufgrund der Auswirkungen der Erkrankung auf ihr Leben depressiv.
Bei CFS liegt ein Zustand chronischer, leichter Immunaktivierung vor. Es gibt Belege über aktivierte T-Zellen, die Substanzen des Immunsystems, die man als Zytokine bezeichnet, erhöhen. Sie haben die Funktion von chemischen Botenstoffen zwischen den Zellen.
Bei der Untersuchung des Gehirns von CFS-Patienten mit Hilfe von Magnetresonanztomographien wurden Anomalien in der weißen Gehirnsubstanz gefunden. Dabei handelt es sich um kleine Signalanomalien (kleiner als 1 cm) genau unterhalb der Großhirnrinde.
Es wurden Anomalien im Stoffwechsel des Gehirns entdeckt, die sich bei SPECT- und PET-Untersuchungen zeigen. Bei diesen schien es so, als ob die Anomalien kommen und gehen und hauptsächlich die Schläfenlappen des Gehirns betreffen.
CFS-Patienten leiden unter Anomalien in zahlreichen neuroendokrinen Systemen im Gehirn, insbesondere unter einer Aktivitätsminderung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse), aber auch der Hypothalamus-Prolaktin-Achse und der Hypothalamus-Somatotropin-Achse.
Anomalien des autonomen Nervensystems wurden von zahlreichen Forschern unabhängig voneinander gefunden. Dazu gehören: die Unfähigkeit des Körpers, den Blutdruck mehrere Minuten aufrechtzuerhalten, nachdem die betroffene Person aufsteht, anomale Reaktionen der Herzschlagfrequenz im Stehen und eine ungewöhnliche Ansammlung von Blut in den Beinvenen. Einige Studien fanden auch ein geringes Blutvolumen.
Bei CFS-Patienten findet man eine gestörte Genexpression bei den Genen, die für den Energiestoffwechsel wichtig sind. Jede Zelle verbraucht Energie, um zu überleben und ihre Funktion zu erfüllen. Die Energie wird aus bestimmten natürlichen Substanzen gewonnen, die in jeder Zelle durch Enzyme verarbeitet werden, und diese beruhen auf den Nährstoffen, die über die Nahrung aufgenommen werden. Diese Enzyme werden von bestimmten Genen gesteuert.
Es gibt Belege für eine häufiger auftretende latente Aktivierung von Infektion mit verschiedenen Herpesviren und Enteroviren bei CFS-Patienten. Zu diesen Herpesviren gehören das Epstein-Barr-Virus, das HHV-6-Virus und das Cytomegalievirus, jedoch nicht jene Herpesviren, die Bläschen im Lippen- und Genitalbereich hervorrufen. Andere infektiöse Agens können ebenfalls CFS auslösen. Dazu gehören das Bakterium, das die Lyme-Borreliose verursacht, das Ross-River-Virus und das Q-Fieber.
Trotz zahlreicher Studien, ist eine eindeutige Definition der Ursachen bis heute jedoch nicht möglich.
Therapie
Das chronische Müdigkeitssyndrom wird immer mehr von Ärzten ernst genommen. Viele Ärzte sahen das Syndrom als psychische Krankheit an, aber neue Forschungen deuten darauf hin, dass entzündliche Mechanismen wie Infektionen daran beteiligt sind.
Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren konnten zeigen, dass die Gehirne von Patienten mit chronischen Müdigkeitssyndrom Abweichungen in der weißen Hirnsubstanz aufzeigen.
Da bislang kein einheitlicher Mechanismus in der Entstehung des CFS entdeckt wurde, zielt die Therapie auf die Beseitigung der oben beschriebenen entzündlichen und stoffwechseleinschränkenden Prozesse.
So wird im Falle eines positiven Erregernachweis eine entsprechende antivirale oder antibiotische Therapie eingeleitet. Eine Einschränkung der Energieleistung auf Zellebene im Sinne eine Mitochondrien-Dysfunktion kann eine leistungsverbessernde Maßnahme durch Mikronährstoffe sinnvoll werden lassen.
Grundsätzlich bedarf es immer eine differenzierten Diagnostik und dann einer personalisierten Therapie.